|
[404] Ruhig ist der Wald bei Trocznow
In der abendlichen Stunde,
Alle Wipfel sind so stille,
Wie die Wurzeln tief im Grunde.
In Gedanken naht ein Reiter,
Um den Arm den Zaum geschlungen,
Schlendernd senkt den Kopf sein Rappe
In Gedankendämmerungen.
Plötzlich hält der Reiter inne,
Wie erwacht aus einem Traume,
Schreitet ab und zieht den Degen,
Spricht an einem Eichenbaume:
»Hier an dieser festen Eiche
Hat in einer Wetternacht,
Überrascht von scharfen Wehen,
Mutter mich zur Welt gebracht.
Nur der Wald vernahm ihr Kreißen,
Windsbraut war die Hebeamme,
Und sie goß dem Kinde segnend
Übers Haupt die Blitzesflamme.
Für Geschosse mich zu stärken
Und ein hartes Heldenlos,
Schlug der Hagel meiner Mutter
In den schmerzgesprengten Schoß.
Donner war mein erstes Hören,
Sturm mein erster Atemzug;[404]
Als ein rauher Wettersäugling
Nehm ich meinen Heldenflug.
Huß! an dieser festen Eiche
Schwör ich Rache deinem Tod;
Huß! vom Blute deiner Schergen
Wird es bald auf Erden rot.
Huß! so reich aus ihren Adern
Soll das Blut zu Boden laufen,
Daß es hundertmal dir könnte
Löschen deinen Scheiterhaufen.
Huß! vom Brandschutt ihrer Burgen
Soll die Erde schwarz sich färben;
Wo ich einen Priester treffe,
Soll er fallen, soll er sterben.
Rotgebeizt von Raucheswolken
Soll des Himmels Aug sich trüben,
Weil sie durften solchen Frevel
Ihm ins Angesicht verüben.
Mir im Herzen brennt ein Funken,
Huß! von deinem Todesfeuer,
Unauslöschbar; wie der Frevel
Sei die Rache ungeheuer.
Mann des Lichtes, Mann der Freiheit,
Bester, den die Welt getragen,
Schnöd verraten, hingerichtet! –
Mordend will ich um dich klagen.
O wie still die Lüfte Böhmens
Horchen meinem Racheschwören,
Und die vaterländschen Blätter
Wollen mein Gelübde hören.[405]
Leib und Seele will ich brauchen,
Schwert und Flammen und Geschoß,
Bis ich sterbe – hör es, Böhmen!
Stille! stampfe nicht, mein Roß!«
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte
|
Buchempfehlung
Anatol, ein »Hypochonder der Liebe«, diskutiert mit seinem Freund Max die Probleme mit seinen jeweiligen Liebschaften. Ist sie treu? Ist es wahre Liebe? Wer trägt Schuld an dem Scheitern? Max rät ihm zu einem Experiment unter Hypnose. »Anatols Größenwahn« ist eine später angehängte Schlußszene.
88 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.
390 Seiten, 19.80 Euro