An den Kaiser

[50] Cui tres animas ...

Virg.


Den Priester rufst du wieder zur Jüngerschaft

Des grossen Stifters; machest zum Unterthan

Den jöchbeladnen Landmann; machst den

Juden zum Menschen. Wer hat geendet,


Wie du beginnest? Wenn von des Ackerban's

Schweiss nicht für ihn auch triefet des Bauren Stirn,

Pflügt er nicht Eigenthum dem Säugling,

Seufzet er mit, wenn von Erndtelasten


Der Wagen seufzt: so bürdet Tirannenrecht

Dem unterdrückten Landeserhaltung auf,

Dienst, den die blutge Faust des stärkern

Grub in die Tafel. Und die zerschlägst du!
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Wen fasst des Mitleids Schauer nicht, wenn er sieht,

Wie unser Pöbel Kanaans Volk entmenscht!

Und thut der's nicht, weil unsre Fürsten

Sie in zu eiserne Fessel schmieden?


Du lösest ihnen, Retter! die rostige,

Engangelegte Fessel vom wunden Arm;

Sie fühlen's, glauben's kaum. So lange

Hat's um die elenden hergeklirret!


Wir weinten Unmuth, dass uns der Römer Rom

Zwar nicht beherschte, aber doch peinigte:

Und blutig ist die andre Thräne,

Dass uns der Römlinge Rom beherschet!


Dass Deutschlands Kaiser Biegel des Zelters hielt!

Dass Deutschlands Kaiser nackt um des Buhlen Schloss

Herging, erfror; wenn nicht Matildis ...

Aber du komst kaum, und siehst; so siegst du!


Nun mag der kronentragende Obermönch,

Mit allen seinen purperbemäntelten

Mönchlein, das Kanonsrecht, wie weit es

Walte, beschielen. Du hast gesehen!


Quelle:
Friedrich Gottlieb Klopstock: Oden, Band 2, Leipzig 1798, S. 50-52.
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