Das neue Leben

[61] Eia! Wie so wach und froh,

Froh und wach sind meine Sinnen!

O vor welcher Sonne floh

Meines Lebens Nacht von hinnen?

Wie so holden Gruß entbot

Mir das neue Morgenrot!


Mein erheitertes Gesicht

Siehet Paradiese blühen.

Welche Töne! Hör' ich nicht

Aller Himmel Melodieen?

O wie süß erfüllt die Luft

Edens Amarantenduft!
[61]

Weingott, bist du mir so nah,

Mir so nah bei jedem Mahle?

Füllst du mit Ambrosia

Und mit Nektar jede Schale?

Geber der Ambrosia

Und des Nektars, mir so nah?


Liebe, deine Wunderkraft

Hat mein Leben neu geboren,

Hat zum Glück der Götterschaft

Mich hienieden schon erkoren.

Ohne Wandel! ewig so!

Ewig jung und ewig froh!


Quelle:
Bürgers Gedichte in zwei Teilen. Teil 1: Gedichte 1789. Berlin, Leipzig, Wien, Stuttgart 21914, S. 61-62.
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