Nach dem Abschied

[140] Sie.


Was füllte mein träumendes Herze?

Vergessener Schein!

Schwer trifft sich ein liebendes Herze

So ledig allein.


Die Schatten sind niedergezogen,

Ich ahndet' es nicht,

Die schönen Geschichten verflogen,

Mein Wundergesicht.


Wie Abend sie Seen erreget,

Mit fröhlichem Hauch,

So nur ein Gedanke beweget,

Bewegte mich auch.


Ich sinne und suche und springe

So hin und zurück,

Und locke zum Käfig ihn, singe,

Blick einmal zurück.


Nicht mehr in dem Spiegel ich sehe

Mein lieblich Gestalt,

Und wende mich abwärts und flöhe

Gern tief in den Wald.


Wie wird's ach im Walde so helle,

Am Himmel, am Himmel so klar,

Es kehret zurück der Geselle,

Und alles und alles wird wahr.


[141] Er.


Mein Auge treu,

Mein Ohr so wach,

Die Liebe neu

Vieltausendfach;

Was siehst du fern,

Was siehst du gern?

Auf Wäldern hoch

Das weiße Schloß,

Und rascher flog

Mein schwarzes Roß,

Die Brust, so heiß,

Beschäumet sich weiß.


Mein Auge treu,

Mein Ohr so wach,

Die Liebe neu

Vieltausendfach.

Was hörst du fern,

Was ist dein Stern?

Das Tüchlein winkt,

Das Waldhorn schallt,

Die Sonne sinkt,

Mein Herz hoch wallt;

Das Thor weit auf

Durchhallt im Lauf.


Quelle:
Achim von Arnim: Sämtliche Werke. Band 22: Gedichte, Teil 1, Bern 1970, S. 140-142.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Pascal, Blaise

Gedanken über die Religion

Gedanken über die Religion

Als Blaise Pascal stirbt hinterlässt er rund 1000 ungeordnete Zettel, die er in den letzten Jahren vor seinem frühen Tode als Skizze für ein großes Werk zur Verteidigung des christlichen Glaubens angelegt hatte. In akribischer Feinarbeit wurde aus den nachgelassenen Fragmenten 1670 die sogenannte Port-Royal-Ausgabe, die 1710 erstmalig ins Deutsche übersetzt wurde. Diese Ausgabe folgt der Übersetzung von Karl Adolf Blech von 1840.

246 Seiten, 9.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon