XVII.

Streit der fünff Sinnen.

Die Sinnen hatten einen Streit

Von nicht geringer Wichtigkeit;

Denn sie wolten gerne wissen:

Welchen Venus könte missen?


Das Sehen trat zuerst herfür,

Und sprach: Der Rang gabühret mir!

Wer mich nicht hat, siehet nimmer

Engel-schönes Frauen-Zimmer.


Das Schmecken sprach: Was hilft das Sehn,

Wenn gar kein Küßgen darf geschehn?

Ohne mich wird niemand wissen:

Wie so süsse schmeckt das Küssen.


Das Riechen sagte darauf gleich:

Ich setze mich noch über euch!

Wenn man will zum Mägdgen kriechen,

Muß man sie zuvor beriechen..


Das Hören sagte: Das ist Tand!

Wer riecht, obs Mägdgen angebrant?

Was hilfft schmecken? Was hilfft sehen?

Wenn sie taub bey unserm Flehen.[149]


Das Fühlen lachte überlaut,

Und sagte: Was nützt eine Braut,

Mit der wir im Bette spielen,

Wenn wir nicht den Kützel fühlen?

Quelle:
Poetische Grillen bey Müßigen Stunden von Le Pansiv, Erfurt 1729, S. 149-150.
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